FCB-Jahreshauptversammlung: Hoeneß schießt gegen Katar-Kritiker – Fans reagieren mit Unverständnis

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Von Eike Wölk und Alexander Klampfl

Auch wenn die diesjährige Jahreshauptversammlung des FC Bayern München ruhiger verlief als im letzten Jahr, so wurden doch wieder einige kontroverse Themen angesprochen. Zwar gab es diesmal keine „Hainer Raus“-Rufe vonseiten der Anhänger, aber das Thema Katar kam natürlich trotzdem wieder auf den Tisch. In erster Linie sorgten die Geschäftsbeziehungen mit dem Golfstaat, welche schon 2021 für einen Eklat sorgten, für Diskussionsstoff. Aber auch eine Spitze des Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn gegen Niklas Süle sowie die Wutrede eines Fans über den umstrittenen Lewandowski-Abgang sorgten für Aufsehen. In diesem Zusammenhang hat FanQ die Fußballfans in Deutschland befragt, wie sie zu den einzelnen Sachverhalten stehen.

Auch Kommentare zu Süle und Lewandowski beschäftigen die Anhänger

Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München, wurde im Verlauf der Versammlung mit 83,3% der Stimmen im Amt bestätigt. Ein eher schwaches Ergebnis, wenn man bedenkt, dass er im Jahr 2019 als Nachfolger von Bayern-Urgestein Uli Hoeneß über 98% Zustimmung erreichen konnte. Dies lag wahrscheinlich auch an der Kontroverse bezüglich des Sponsoringvertrages mit der Fluglinie „Qatar Airways“, über dessen Verlängerung bald entschieden werden soll. „Das Thema hat sicherlich mitgespielt“, sagte Hainer dazu. Insgesamt sei es jedoch eine gute Versammlung mit vielen wichtigen Gesprächspunkten gewesen.

Als nach rund zweieinhalb Stunden die Fans zu Wort kamen, wurde nämlich erneut das Katar-Sponsoring kritisiert. Das Thema sorgte bereits im Vorjahr für hitzige Diskussionen und den vorzeitigen Abbruch der Veranstaltung (FanQ berichtete). Mit Michael Ott kam auch der Bayern-Fan, dessen Antrag, über die Geschäftsbeziehungen mit dem Golfstaat abzustimmen, im letzten Jahr abgelehnt worden war, wieder zu Wort. „Ich weiß, dass Sie nicht persönlich dafür verantwortlich sind, das Sponsoring zu unterschreiben“, sagte er in Richtung Hainer. „Aber der katarische Botschafter hat vor wenigen Wochen vom FC Bayern gesprochen und sich ausdrücklich zunutze gemacht, dass der FC Bayern Katar nicht kritisiere. Ich zitiere: ‚Warum kam der FC Bayern im Winter immer nach Doha? Warum sagten sie nichts?‘“, fuhr Ott fort und bemängelte, dass der Rekordmeister in der Diskussion um die Menschenrechtslage und Arbeiterbedingungen im Wüstenstaat von den katarischen Verantwortlichen instrumentalisiert werde. Der Bayernpräsident entgegnete, dass er bei diesen Aussagen nicht vor Ort gewesen sei und ergänzte: „Der katarische Botschafter war beim Round Table dabei, der öffentlich ausgestrahlt wurde. Da haben wir uns über die Missstände und Verbesserungen ausgetauscht. Ich weiß nicht, was der Botschafter damit ausdrücken wollte.“ Schweigen wolle der FC Bayern aber auf keinen Fall. Ob der im kommenden Jahr auslaufende Sponsoringvertrag mit „Qatar Airways“ verlängert wird, konnte Hainer ebenfalls „heute nicht mit ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ beantworten.“ Die Gespräche würden erst nach der Weltmeisterschaft stattfinden. Dennoch hielt er weiter an der Position der FCB-Verantwortlichen zu dieser Thematik fest: „Es müssen gemeinsame Projekte entwickelt werden, um weitere Verbesserungen in Katar zu erreichen.“ Auch Bayern-Vorstand Oliver Kahn betonte in diesem Kontext die „Fortschritte bei Arbeitsrechten und Menschenrechten“ im Golfstaat.

Für Ott hörte sich das so an, als ob die Führungsriege der Münchener den Kontrakt mit der Fluglinie verlängern möchte. Dennoch gab er sich weiterhin kämpferisch: „Solange nicht alle Mittel ausgeschöpft sind, weiß ich nicht, warum man aufgeben soll. Die Probleme verschwinden ja nicht in Katar. Es braucht weiterhin die Fans.“ Uli Hoeneß dürfte das anders sehen. Noch während der Versammlung kreuzten sich die Wege des Ehrenpräsidenten und des Katar-Kritikers. „Ihr Auftritt war peinlich!“, polterte der 70-Jährige. „Das ist der Fußballclub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International. Das müssen sie mal lernen!“ Eine Antwort von Ott wollte Hoeneß gar nicht mehr hören. „ich habe ihm noch gesagt, auch der Fußballclub Bayern München sollte sich an die Menschenrechte halten“, erzählte der Fan des Champions-League-Siegers von 2020 nach der Veranstaltung und zeigte sich enttäuscht. „Ich find’s schade, weil wir eigentlich einen sachlichen Dialog geführt haben. Er hat es dann direkt wieder auf eine unsachliche Ebene gezogen.“

Deshalb hat FanQ die deutschen Fußballfans befragt, wie sie die Worte des FCB-Ehrenpräsidenten bewerten. Dass die Aussagen von Uli Hoeneß bei den Anhängern nicht gut ankommen, wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass sie hierfür im Durchschnitt nur 2,15 von fünf möglichen Sternen vergeben. Noch ersichtlicher wird die tendenzielle Beanstandung der Äußerungen des 70-Jährigen, wenn man betrachtet, dass insgesamt 44,90 % der Befragten mit der niedrigstmöglichen Bewertung von einem Stern voten.

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Das Thema Katar war allerdings nicht die einzige aufsehenerregende Episode der Jahreshauptversammlung. Auch die eigentlich abgeschlossene Personalie Robert Lewandowski kam noch einmal zur Sprache. Vereinsmitglied Dieter Marx kritisierte den Abgang des Top-Scorers nämlich mit deutlichen Worten: „Dieses Sommertheater – Zitat ‚Der FC Bayern München ist Geschichte‘ – so verabschiedet man sich nicht vom Verein. Das Verhalten war fast schon erpresserisch. Was ist das für ein Charakter?“ Die Mehrheit der versammelten Mitglieder wollte diese Aussage so aber nicht stehen lassen und brachte ihr Missfallen lautstark zum Ausdruck. Auch Kahn widersprach diesem Vorwurf. „Robert war eine Tormaschine. Er wurde achtmal Deutscher Meister, sechsmal Torschützenkönig. […] Ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal bei einem ganz, ganz großen Spieler. Für seine großen Leistungen und für alles, was er für den FC Bayern getan hat“, hielt der Vorstandsvorsitzende des amtierenden Deutschen Meisters fest.

Vor diesem Hintergrund hat FanQ die Fußballfans in Deutschland befragt, ob der Pole diese harten Worte verdient hat. Fast zwei Drittel (65,14 %) der an der Umfrage teilnehmenden Personen ist dabei der Meinung, dass die Kritik in dieser Schärfe nicht berechtigt sei. 24,77 % teilen hingegen Marx‘ Sicht der Dinge und finden, dass Robert Lewandowski sich über diese Anschuldigungen angesichts seines Verhaltens im Vorfeld des Transfers zum FC Barcelona zumindest nicht beschweren dürfe.

In seiner Rede als Vorstandsvorsitzender brachte Oliver Kahn auch noch die Abgänge vor dieser Saison zur Sprache und konnte sich dabei einen kleinen Seitenhieb gegen Niklas Süle und den BVB nicht verkneifen: „Auch Corentin Tolisso und Niklas Süle haben den FC Bayern verlassen. Während Niklas jetzt aus unerfindlichen Gründen bei Borussia Dortmund spielt, ist Corentin Tolisso zu seinem Heimatverein Olympique Lyon zurückgekehrt“, kommentierte der 53-Jährige die beiden Personalien. Diese kleine Spitze gegen den Verteidiger wurde vom Publikum mit zustimmendem Gelächter quittiert.

Auch hier hat FanQ die deutschen Fußballfans befragt, ob diese Art von Kommunikation und zum Ausdruck gebrachter Geringschätzung genau das Verhalten sei, was den deutschen Nationalspieler zum Abgang bewegt hat. Das sehen jedenfalls über drei Viertel (76,52%) der Voting-Teilnehmer so. Sie sind sich sicher, dass der 27-Jährige sich wegen derartiger Aussagen aus der bayerischen Landeshauptstadt verabschiedet hat. Lediglich 12,17 % der Befragten denken, dass andere Gründe für den Abgang von Niklas Süle entscheidend waren.

Gegen Ende der Versammlung kam es nochmal zu einem kleinen Schock, aufgrund einer „vagen Bombendrohung“ musste der Saal vorzeitig geräumt werden. Es stellte sich aber letztendlich heraus, dass es nur ein falscher Alarm war.

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